Zwischenruf
Wichtige gesellschaftliche Mission
Zwischenruf der NRV e. V.
Die Justiz hat eine wichtige gesellschaftliche Mission: Konflikte schlichten oder entscheiden, Rechtsfrieden schaffen, so gut es geht auch Gerechtigkeit verwirklichen. Dass dabei in der Öffentlichkeit viel zu wenig an die gedacht wird, die das durch ihre Arbeit erst ermöglichen, nämlich die Servicemitarbeiterinnen und Servicemitarbeiter, ist eine traurige Wahrheit.
Nun ist eine gesellschaftliche Fehlwahrnehmung, die auch viele andere Berufsfelder betrifft, die eine Sache. Anders sieht es aber aus, wenn die Justizverwaltung, die es besser wissen muss und deren zentrale Aufgabe die arbeitsfähige Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist, in ihrer Digitalisierungseuphorie vergisst oder verdrängt, dass die Justiz ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Servicebereich mit ihrer Mission scheitern wird.
Sowohl die Neue Richtervereinigung wie auch der Deutsche Richterbund in Baden-Württemberg weisen - ebenso wie der Landesrichter- und –staatsanwaltsrat - das Justizministerium unentwegt darauf hin, dass der in den letzten Jahren erfolgte Zuwachs an Stellen im höheren Dienst von einem entsprechenden Zuwachs an Stellen im Servicebereich begleitet werden muss. Während Pebb§y 100 als politisches Schlagwort für die Besetzung von Gerichten und Staatsanwaltschaften ausgegeben und entsprechende Haushaltsmittel vom Justizministerium im Landeshaushalt erkämpft wurden, fehlte das politische Interesse am Servicebereich weitgehend. Im Gegenteil wurden die Servicekräfte mit mehr und mehr Aufgaben betraut, die sie vorher nicht erledigen mussten oder die nun durch die Digitalisierung mehr Zeit kosten. Die eAkte macht jedenfalls derzeit vor allem im Servicebereich mehr Arbeit als sie einspart. Hieraus ergibt sich zwangsläufig eine Überlastungssituation, die inzwischen zu einer Abwärtsspirale geführt hat: Durch die Überlastung erhöht sich der Krankenstand, manche resignieren oder verlassen die Justiz. Dadurch steigt die Belastung der Anderen und so wird die Arbeit zunehmend so unattraktiv, dass angesichts der beschränkten Entlohnung und Karrieremöglichkeiten auch Nachwuchs kaum zu finden ist.
Die Verbände und die Personalvertretungen müssen dem Justizministeriums ausreichend klarmachen: Eine gute Justiz lebt von den Menschen, die in ihr arbeiten, und nicht von der Software, die sie einsetzt. Eine langfristige und den Personalbedarf realistisch abbildende Personalplanung muss wieder Priorität haben. Die Justiz ist auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen angewiesen und sie alle sind es, die die Justiz bürgernah und serviceorientiert nach außen repräsentieren. Hierfür verdienen sie einen Arbeitsplatz, an dem sie ohne Dauerbelastung arbeiten können, wertgeschätzt und anerkannt werden. Dafür wird sich auch die Neue Richtervereinigung in den nächsten Jahren besonders einsetzen.
Dr. Frank Bleckmann
Dr. Susanne Müller
im Namen der Neuen Richtervereinigung
Landesverband Baden-Württemberg