Fristlose Kündigung
RR Sonntag, 4. Juni 2023 von RR

Arbeitszeitbetrug

Fristlose Kündigung

Begehen Mitarbeiter Arbeitszeitbetrug, können Arbeitgeber fristlos kündigen. Eine Abmahnung soll entbehrlich sein, wenn der Beschäftigte sein Tun leugnet und verschleiert – schon bei einem einmaligen Vergehen. In einem Betrieb mit elektronischer Zeiterfassung müssen sich die Beschäftigten bei Arbeitsbeginn ein– und bei Pausen oder bei Beendigung ausstempeln. Die Klägerin arbeitet dort seit über acht Jahren als Raumpflegerin.

Arbeitszeitbetrug

Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 100 Prozent schwerbehindert. Am 8.10.2021 verließ die Klägerin kurz nach dem Einstempeln den Betrieb wieder, um in einem dem Betrieb gegenüberliegenden Café einen Kaffee zu trinken. Dabei wurde sie von ihrem Chef beobachtet. Von diesem angesprochen, leugnete sie ihr Verhalten zuerst. Erst als der Chef ihr anbot, ihr die »Beweisfotos« auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, räumte sie ihr Verhalten ein. Der Arbeitgeber kündigte ihr fristlos, nachdem er die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt hatte. Die Klägerin hält die Kündigung für unverhältnismäßig, da es sich um ein eimaliges Vergehen gehandelt habe.

Das sagt das Gericht

Die Kündigung war rechtmäßig, entschied das LAG Hamm. Der Arbeitgeber kann fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 626 BGB) und ihm daher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist. Bei vorsätzlichem Missbrauch einer Stempeluhr sei das der Fall – so das Gericht. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Zwar steht hier nur ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von ca. zehn Minuten fest. Das LAG Hamm ist hier aber der Überzeugung, dass eine Abmahnung nicht dazu geführt hätte, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert. Als besonders gravierend wertete das Gericht hier ihr »Nachtatverhalten«, da sie ihren Chef auf Anfrage angelogen und den Betrug zunächst geleugnet hatte.

Hinweis für die Praxis

Man sollte wissen, dass die Arbeitsgerichte auch bei »kleineren« Vergehen zuweilen harten Sanktionen des Arbeitgebers zustimmen – insbesondere, wenn zum eigentlichen Verstoß noch ein weiterer Betrugsversuch hinzukommt. Auch ob die Beschäftigten danach versuchen, ihr Fehlverhalten zu verschleiern oder ob sie sich reuig zeigen, wird Teil der Abwägung. Ist noch ein Vertrauensverhältnis möglich, ist es oft zumutbar, die Zusammenarbeit nach einer Abmahnung fortzusetzen. (LAG Hamm v. 27.1.2023 – 13 Sa 1007/22)

Bettina Frowein, Juristin, Bund-Verlag.

Rechtssprechung

Andere Gerichte haben bei einer solch kurzen Zeitspanne zunächst eine Abmahnung verlangt, z. B. bei einer vorsätzlichen Fehlbuchung von 40 Minuten durch einen schwerbehinderten Arbeitnehmer nach elf Jahren Beschäftigung (LAG München 14.1.2021 – 3 Sa 836/20).

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