Karriere

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RR Dienstag, 9. April 2024 von RR

Lang ersehnter Wandel in der Justiz

Karriere in Ketten?

In den geräuschlosen Gängen der Justizverwaltung Baden-Württembergs, wo das Recht nicht nur gesprochen, sondern gelebt wird, brodelt es unter der Oberfläche. Die digitale Transformation, verkörpert durch die Einführung der eAkte, verspricht Effizienz und Modernität. Doch während Bits und Bytes die Zeiten der Papierakten ersetzen, bleibt eine entscheidende

Frage unbeantwortet: Was geschieht mit den Menschen hinter den Schreibtischen und in den Archivräumen?

Sind sie dazu verurteilt, als die vergessenen Helden der Digitalisierung in die Geschichte einzugehen? Die Stille der Archive und die Monotonie der immer gleichen Verwaltungsabläufe klingen wie ein leises Lamento über verlorene Zeiten. In dieser Atmosphäre der Beständigkeit befinden sich die Angestellten und mittleren Beamten in einer Sackgasse ohne Ausblick. Die Vorstellung, ein Arbeitsleben lang dieselben Aufgaben zu verrichten, ohne Hoffnung auf Perspektiven oder Anerkennung, wirkt wie ein Relikt aus einer vergangenen Ära. Dies trifft besonders hart in einer Welt, in der sich Karrieren über Nacht ändern können und Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit als Tugenden gefeiert werden. Stellen wir uns eine Welt vor, in der Justizangestellte nicht nur Akten verwalten, sondern auch als Datenanalysten, IT-Sicherheitsexperten und Digitalisierungsberater agieren. Wie wäre es, wenn sie in Hackathons neue Lösungen für alte Probleme finden und in interdisziplinären Teams arbeiten, die Recht, Technologie und Kreativität vereinen?

Die Herausforderung: Stagnation im Servicebereich

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Justiz Baden-Württembergs an einem Scheideweg steht. Während die Umstellung auf die elektronische Aktenführung (eAkte) als revolutionärer Schritt in Richtung Zukunft gefeiert wird, wirft sie zugleich Schatten auf diejenigen, die im Servicebereich tätig sind. Angestellte und mittlere Beamte sehen sich mit einer Realität konfrontiert, in der berufliche Perspektiven und Aufstiegschancen rar sind. Die Vorstellung, fünfzig Jahre lang dieselbe Tätigkeit auszuüben, ohne Hoffnung auf Veränderung oder Verbesserung, ist nicht nur demotivierend, sondern auch realitätsfern in einer Welt, die sich ständig weiterentwickelt.

Das dreistufige Laufbahnprinzip: Ein Relikt der Vergangenheit?

Das derzeitige Laufbahnsystem für Beamte in Baden-Württemberg ist klar strukturiert, doch es wirkt zunehmend aus der Zeit gefallen. Mit seinen drei Stufen – einfacher, mittlerer, gehobener und höherer Dienst – bietet es zwar theoretisch ein Gerüst für berufliche Entwicklung, doch die Realität sieht oft anders aus. Insbesondere für die im Servicebereich Beschäftigten, die häufig in den niedrigeren Laufbahnen verharren, mangelt es an Durchlässigkeit und Chancen auf Aufstieg. Die Frage drängt sich auf: Ist dieses System noch zeitgemäß, oder bedarf es einer grundlegenden Reform, um den Herausforderungen und Chancen der digitalen Ära gerecht zu werden?

Ausbildung und Weiterqualifizierung: Zwischen Tradition und Innovation

Die traditionelle Ausbildung zum Angestellten in der Justiz und die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung in den mittleren Dienst stehen ebenfalls auf dem Prüfstand. In einer Zeit, in der digitale Kompetenzen immer wichtiger werden, wirkt der herkömmliche Ausbildungsweg zunehmend unzureichend. Die direkte Ausbildung für den mittleren Dienst könnte eine zeitgemäßere Alternative bieten, die sowohl den Bedürfnissen der Angestellten als auch den Anforderungen einer digitalisierten Justiz gerecht wird. Doch der Weg dorthin ist mit bürokratischen und strukturellen Hürden gepflastert.

Digitale Perspektiven: Neue Horizonte im Servicebereich

Die Einführung der eAkte eröffnet nicht nur neue Wege der Aktenführung, sondern auch potenzielle Perspektiven für den Servicebereich. Von der Datenpflege und -sicherung bis hin zur Entwicklung digitaler Tools und Schnittstellen – die Möglichkeiten sind vielfältig. Die Justizverwaltung Baden-Württembergs steht vor der Aufgabe, diese Potenziale zu erkennen und zu nutzen. Die Schaffung neuer Stellenprofile, die Aus- und Weiterbildung in digitalen Kompetenzen sowie die Möglichkeit von Quereinstiegen könnten den Servicebereich revolutionieren und ihm neue, attraktive Perspektiven bieten.

Reinhard Ringwald
Landesvorsitzender

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